Zwischen den Welten

Snowboardikone Sigi Grabner ist auf einem Bergbauernhof in Saueregggen aufgewachsen und gewann EM- und WM-Gold sowie Bronze bei Olympia in Turin. 

Wenn man auf 1616 Metern Seehöhe aufwächst, wie war da die Kindheit und vor allem: Wie weit war der Schulweg?
 

Sigi Grabner (lacht): Es war spannend hoch oben auf dem Berg, in der Natur. Viel Sport, Schifahren, Snowboarden, Laufen, Wandern. Und sonst: Wenig Ablenkung, kein Luxus, aber gemütlich. Viel Arbeit am Bauernhof. Und der Schulweg war lang. Je nach Wetterlage und Schneesituation hieß es sehr früh aufstehen, in der Regel so  um 5 Uhr 30. Dann ging es zu Fuß bis hinunter auf die Hauptstraße, das sind 3 Kilometer mit 400 Höhenmetern. Heute wäre so was kaum vorstellbar, es hat aber uns nicht geschadet. Mit den Nachbarskindern war es immer lustig, da ist gespielt und gestritten worden – so etwas verbindet. Mir ist in meiner Kindheit und Jugend die Infrastruktur einer Stadt nie abgegangen.

Wann und wieso hast du mit dem Boarden begonnen?

Sigi Grabner: Im Winter 1988/89 bekam ich mein erstes Brett. Da war der Snowboardsport ganz neu. Ich hab in Magazinen Fotos mit Snowboards gesehen, wo einer im Tiefschnee hinunter fährt.  Und dann gab es auch eine Werbung, in der ein Snowboarder zu sehen war. Das wollte ich unbedingt ausprobieren. Ich glaube, es war der Intersport Brandstätter, der damals ein Board im Verleih hatte. Das hab ich mir geholt und es versucht. Es hat mich anfangs öfter auf die Schnauze gehaut,  denn es hat mir ja keiner zeigen können, wie man das macht. Die Snowboard-Clique auf der Turrach ist dann immer mehr gewachsen, an die 20 Leute. Während der Schulzeit habe ich das immer intensiver betrieben und dann entdeckte ich, dass auch Rennen veranstaltet werden. So bin ich mein erstes Rennen auf der Koralm gefahren, das ich auch gleich gewonnen habe. Als Preis habe ich ein neues Snowboard bekommen. Ich war damals in der Handelsakademie in Feldkirchen – aber ich bin halt doch in der einen oder anderen Stunde ein Rennen gefahren, statt in die Schule zu gehen.  Trotz einiger Fehlstunden habe ich die Schule fertig gemacht und erst danach den professionellen Weg eingeschlagen.

Deine Biographie trägt den Untertitel „Boarder zwischen den Welten“. Welche Welten waren das?

Sigi Grabner: Komplett konträre: Einerseits das Aufwachsen am Bauernhof in einfachsten Verhältnissen mitten in der Natur. Andererseits sitzt du plötzlich im Flugzeug  zu einem Rennen nach Japan oder in die USA. Um dich herum Events, Profis, Sponsoren... Damals wie heute war die Bodenständigkeit meines Umfelds, in dem ich aufgewachsen bin, sehr wichtig für mich.

Was macht das Wintersportgebiet Turrach für dich aus?

Sigi Grabner: Bergbahnen und Hoteliers haben verstanden, wie sich das Gebiet im Einklang mit der Natur weiter entwickeln muss. Super finde  ich, dass nicht nur neue Lifte gebaut wurden, sondern auch alte ersetzt und qualitativ ausgebaut wurden.

  • Turracher Höhe
  • Turracher Höhe
  • Turracher Höhe

Wo sind deine Lieblingsplätze hier heroben?

Sigi Grabner: Ich laufe gerne die Drei-Seenrunde, dort findet man abseits vom Weg einige ruhige Plätze, an denen man auftanken kann. Schön ist es auch in Richtung Schoberriegel wo man einen herrlichen Blick auf die Turrach und die Seen hat. Der Rundumblick – auf der einen Seite die Karawanken, auf der anderen Seite die Hohen Tauern – man ist in der Mitte Österreichs und schaut über Österreich hinaus, das zeichnet die Turracher Höhe aus.

Was wärst du geworden, wenn das mit dem professionellen Snowboarden nicht geklappt hätte?

Sigi Grabner: Als ich als Teenager mit dem Snowboard in Berührung gekommen bin, war dieser Sport so zentral, da gab es keine Option, kein links oder rechts – da war klar, dass ich Snowboarder werden will. Aber um deine Frage zu beantworten: Sicher etwas mit Sport  – sei es Sportlehrer,  Sportverkäufer oder sonstiges.

Wie oft kommst du auf die Turrach – und wo ist deine Lieblingsstrecke zum Boarden?

Sigi Grabner: Ich fahre immer wieder zu meinen Eltern und zu Familienfeiern. Besonders gerne am Saisonanfang oder Saisonende. Am liebsten bin ich mit dem Board auf den Pisten im Weitental und bei der Turrachbahn unterwegs – die sind einfach super. Früher sind wir natürlich auch viel Kornock gefahren, da  war es noch wichtig zu zeigen, was man kann und jeder musste seine Spur ziehen.

Abschlussfrage: Was war für dich als Profi die wichtigste Grenzüberschreitung?

Sigi Grabner: Es geht nicht von heute auf morgen. Man wächst hinein. Beim Training bin ich besonders gern an meine Grenzen gegangen. Ich habe versucht, das Maximum herauszuholen – aber ganz wichtig ist: Mit Spaß geht es leichter. Wenn man in Form ist, dann erholt man sich schneller und dann ist es sogar richtig lustig, sich zu schinden. (lacht) Nach meiner aktiven Zeit geht mir das fast ein bisschen ab, ich versuche aber heute auch noch ab und zu, an die Grenze zu gehen und zu testen, ab wann es weh tut.

Sigi Grabner, gewann EM- und WM-Gold sowie Bronze bei Olympia in Turin. Lebt seit 2000 als Unternehmer www.sgsnowboards.com in Adorra („da schauts fast aus wie daheim, nur ein bisschen internationaler“). Träger des Goldenen Ehrenzeichens der Republik Österreich.